Page 20 - Ärzteblatt Sachsen, November-Ausgabe 2025
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THEMENHEFT 2025
126 Patientinnen und Patienten mit Aufheiterung gelingen, auch wenn die Ich bitte sie, mir etwas von der Tochter
kürzlich gestellter Krebsdiagnose zu Review-Autoren hier ebenfalls zur Zu- zu erzählen, da mir ja die Möglichkeit
As pekten, die ihnen in dieser Gesprächs- rückhaltung raten . genommen war, sie kennenzulernen.
situation Hoffnung geben könnten [2] . War sie eine gute Schülerin? Was hatte
Der Aussage, der Onkologe sei „gele- Der Zustand von Frau M. (27 Jahre) hat sie für Hobbies? Nach kurzer Zeit ist sie
gentlich humorvoll“, stimmten 80 Pro- sich während des Transportes auf die bei Streichen aus der Kindheit und kann
zent zu, während lediglich 65 Prozent Palliativstation drastisch verschlechtert. beim Erzählen selbst über die Erinne-
zustimmten, er solle betonen „ich wer- Im Beisein ihrer Mutter hat sie aspiriert rung lachen, wenn auch unter Tränen.
de Sie nicht aufgeben“ . Dies spricht da- und stirbt praktisch bei der Ankunft im
für, dass auch in hochsensiblen Mo- Zimmer. Patientin und Angehörige wa- Dieses Beispiel verdeutlicht, dass Hu-
menten eine vorsichtige, situationsan- ren dem Team bis dahin nicht bekannt. mor – vorsichtig zugelassen und nicht
gemessene humorvolle Haltung nicht Die Mutter erzählt wiederholt die Ereig- aufgesetzt – selbst in Momenten des
nur möglich, sondern potenziell hilf- nisse der Fahrt, was ihr offenbar half, Sterbens und der Trauer einen Zugang
reich sein kann . In Momenten des Ster- das zwar erwartete, nun aber plötzlich zu Ressourcen eröffnen kann . Ent-
bens, bei Trauer kann ebenfalls eine eingetretene Sterben zu verarbeiten. scheidend ist, dass er aus den Erzäh-
lungen und Bedürfnissen der Betroffe-
nen selbst entsteht und nicht von au-
ßen forciert wird .
CARTOON
Darf ich mir zum Schluss erlauben,
den ultimativen in gewisser Weise sehr
palliativen Gesundheitswitz zu erzäh -
len? Es geht schließlich auch hier ums
Sterben .
Ganz am Rand des bekannten Univer-
sums treffen sich zwei Planeten.
Es entspinnt sich folgender Dialog:
Sagt der eine: „Schön, dich zu sehen!
Wie geht’s dir?“
Der andere: „Nicht so gut … ich hab’
eine Infektion.“
„Oh? Was denn?“
„Homo sapiens.“
„Ach so – das hatte ich auch mal. Das
geht vorbei.“ ■
Literatur unter
www .slaek .de/aerzteblatt-sachsen
© Privat
Priv .-Doz . Dr . med . Ulrich Schuler
Direktor des PalliativCentrums am
Universitätsklinikum Carl-Gustav Carus, Dresden
Internist, Schwerpunkt Hämatologie und
Onkologie, Palliativmediziner
E-Mail: ulrich .schuler@ukdd .de
20 Ärzteblatt Sachsen 11|2025

