Page 23 - Ärzteblatt Sachsen, November-Ausgabe 2025
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THEMENHEFT 2025



        Humor in der Pflege





        M . Prehm

        Die Anforderungen im beruflichen All-
        tag sind enorm und sie steigen stetig .
        Gerade die Berufsgruppen, die auf der
        einen Seite fachlich hochwertige und
        zuverlässige Arbeit leisten und zudem
        auch auf der Kommunikationsebene
        hohe Fähigkeiten haben sollten, meis-
        tern täglich den Spagat zwischen Ter-
        mindruck, Wirtschaftlichkeit, Mensch-
        lichkeit und guter Arbeit . Wenn Sie in
        Zukunft gefragt werden, ob Sie jonglie-
        ren können, dürfen Sie ruhig zustimmen!


        In der Realität sieht es jedoch oft so
        aus, dass viel zu wenig Pflegende (un-
        abhängig in welchem Bereich sie arbei-
        ten) zu viele Patienten, Bewohner und
        Hilfsbedürftige versorgen . Immer mehr
        Patienten werden in immer kürzeren
        Abständen versorgt . Da fällt  es oft
        schwer, sich den (so wichtigen) Sinn für
        Humor zu bewahren . Es kann dennoch
        gelingen!                           Abb . 1: Wer von Ihnen kann jonglieren? (Zeichnung: Martje Kleinhans, Inhaber der Rechte: Matthias Prehm)

        Ein wichtiger Punkt sind die vier „H´s“:
        Herz, Hirn, Haltung und Humor . Mit  Humor als Chance?                 zierliche, kleine Dame war, wirkten wir
        Herz und Hirn ist die Fähigkeit gemeint,  Ich habe Humor häufig als Möglichkeit   als  Paar  schon  lustig .  Als  sie  stand,
        sich in andere Lebenssituationen hin- gesehen, trotz der oft schwierigen Ge-  hatte die Patientin bereits vergessen,
        einzudenken  und  -zufühlen .  Die  eige - samtsituation, ein gutes Verhältnis zu   was wir machen wollten . Ich bemerkte
        ne Haltung ist ein Aspekt, den jeder  meinem Gegenüber aufzubauen . Ob es   diese Unsicherheit und sie klammerte
        selbst unmittelbar beeinflussen kann:  nun Patienten, Angehörige oder Kolle-  sich unsicher an meine Arme . Da lud
        Wer von Ihnen im Schichtdienst mit  gen sind, in jedem Fall ist eine ausge-  ich sie ein: „Können Sie tanzen?“ Sie lä-
        Dienstplänen  arbeitet,  hat  sich  viel- prägte  soziale Kompetenz sehr  hilf-  chelte: „Ja!“ „Können Sie einen Schnee-
        leicht  schon  einmal  dabei  erwischt,  reich, die gute Stimmung zu bewahren,   walzer?“ „Natürlich!“ So sangen und
        dass Sie geschaut haben, mit wem Sie  Leichtigkeit zu fördern und auch mal   schunkelten wir bis zu ihrem Bett . Sie
        morgen arbeiten? Wenn dann die „fal- neue Perspektiven einzunehmen .    setzte sich freudestrahlend und lachte:
        schen“ Kollegen auf dem Plan standen,                                  „Schön, dass wir hier singen, lachen und
        war Ihre Einstellung für den nächsten  Beispiel:                        tanzen können!“
        Tag schon vorprogrammiert! An man- Mit einer Kollegin wollte ich eine Pati-  Humor drückt sich hier in Lebensfreude,
        chen Tagen waren morgens schon 50  entin mit einer demenziellen Verände-  Nähe, Verständnis und Zufriedenheit
        Prozent Ihres persönlichen Akkus weg  rung vom Stuhl in ihr Bett mobilisieren .   aus . Was im Umkehrschluss auch be-
        und dabei haben Sie noch keinen Pati- Wir erklärten der Patientin, was nun   deutet, dass genau diese Dinge Humor
        enten gesehen! Es ist daher elementar,  die nächsten Schritte sind und ich half   erst möglich machen! Empfinden Sie
        dass Sie auf Ihren persönlichen Akku  ihr beim Aufstehen . Da ich fast zwei   keine Freude bei der Arbeit und nur we-
        achten!                             Meter groß bin und die Patientin eine   nig im Privatleben, dann fehlt Ihnen



        Ärzteblatt Sachsen  11|2025                                                                               23
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